«Eine Bachrenaturierung dieser Länge ist nicht alltäglich»

 

Interview mit Armand Rochat zur Offenlegung und Revitalisierung des Hörnligrabens.

 

Auf einer Länge von 630 Metern wird der eingedolte Hörnligraben in Wallisellen offengelegt. Es handelt sich hierbei um die zweite Etappe des Gewässerkonzeptes Wallisellen – Dietlikon, in dessen Rahmen bereits im Jahr 2018 der Furtbach revitalisiert wurde. Armand Rochat, Projektleiter Wasser der Gossweiler Ingenieure AG, erklärt im Interview worum es beim Projekt geht. Er ist vom Vorprojekt bis zur Ausführung und Realisierung der Offenlegung als zuständiger Projektleiter tätig.

Weshalb ist dieses Projekt nötig?
Der Zustand der Bachwasserleitung beim Hörnligraben ist sanierungsbedürftig, zudem ist es in der landwirtschaftlichen Nutzfläche regelmässig zu starken Vernässungen gekommen. Ausserdem ist die Revitalisierung des Hörnligraben mit erster Priorität im Regionalen Richtplan festgeschrieben.

Wieso wird keine neue und grössere Bachleitung verlegt?
Gemäss dem Gewässerschutzgesetz dürfen Fliessgewässer heute nicht mehr überdeckt oder eingedolt werden. Die Gewässer sollen möglichst wieder in einen naturnahen Zustand gebracht werden.

Weshalb hat man Bäche früher eingedolt?
In der Vergangenheit hat man Eindolungen gemacht, um Landwirtschaftsfläche zu gewinnen. Dies war insbesondere während dem Zweiten Weltkrieg der Fall. Das Gebiet am Hörnligraben war früher ein nicht bewirtschaftbares Rietgebiet.

Was macht dieses Projekt speziell?
Eine Bachrenaturierung dieser Länge ist nicht alltäglich, was dieses Projekt zu einem absoluten Herzensprojekt von mir macht. In der Regel hat man nicht so viel Land zur Verfügung. Da das Land aber im Besitz der Gemeinde Wallisellen ist, konnte der Bach auf einer Länge von 630 m ausgedolt werden.

Welche Ziele verfolgt man heute mit der Bachöffnung?
Mit der Offenlegung schaffen wir neuen Lebensraum für Flora und Fauna sowie einen Erholungsnutzen für die Menschen in der Gemeinde Wallisellen. Um die Akzeptanz von solchen Projekten im urbanen Raum zu erhöhen, ist es wichtig, dass man die Menschen miteinbezieht, die dort leben. Für die Anwohner haben wir deshalb einen Spiel- und Erholungsplatz integriert, um den Bach erlebbar zu machen.

Was sind die Herausforderungen im Projekt?
Der Hörnligraben sollte ursprünglich überbaut werden, weshalb in den 60er Jahren die Erschliessung mit Gas-, Trinkwasser-, Elektrizitäts- und Abwasserleitungen grosszügig geplant wurde. Viele dieser Leitungen wurden nun mit der Bachoffenlegung tangiert und mussten umgelegt werden. Ein weiterer Punkt ist das geringe Gefälle des Bachs. Aus landwirtschaftlichen Kreisen kam deshalb die Befürchtung auf, dass es durch die Offenlegung der Bachwasserleitung zum Rückstau in das Melioration-System kommen könnte. Durch das Projekt geht zudem für einen Pächter landwirtschaftliche Nutzfläche verloren.  

Was heisst das für diesen Landwirt?
Der Pächter wird für die verbleibende Pachtdauer, in der er das Land nicht mehr bewirtschaften kann, entschädigt. Da gemäss Raumplanungsverordnung eine Netto-Null-Bilanz von Fruchtfolgeflächen vorgeschrieben ist, wurde im unteren Bereich des Hörnligrabens eine Bodenaufwertung von nicht ackerfähigem Land vorgenommen. Die nicht vor Ort kompensierten Fruchtfolgeflächen wurden zudem über Drittprojekte abgegolten.  Auch wenn es für einen einzelnen Pächter ein teilweiser Verlust an nutzbarer Fläche ist, geht insgesamt keine landwirtschaftlich Produktionsfläche verloren.

Haben sich die Befürchtungen der Landwirte bezüglich des Melioration-Systems bewahrheitet?
Nein, technisch waren diese Herausforderungen planbar und bisher haben sich keine Probleme gezeigt. Eine vorgängige Untersuchung vom Kanton hat sogar aufgezeigt, dass die Bachoffenlegung einen positiven Einfluss auf die Entwässerung der Landwirtschaftsflächen hat.

Wo steht ihr momentan im Projekt?
Der Bau der Werkleitungen, die Umlegung des Mischabwasserkanals und der grösste Teil der Bachmodellierung ist abgeschlossen. Momentan werden noch Brückenbauwerke erstellt, sowie die Grün- und Umgebungsgestaltung mit der Bepflanzung vorgenommen. Im Frühjahr 2023 können wir das Projekt abschliessen und der Bevölkerung übergeben.

Hintergrund: 

Im Gewässerkonzept Wallisellen-Dietlikon 2014 wurde die Revitalisierung und Offenlegung des Furtbachs in der Region Bachtelwisengraben und Hörnligraben entschieden. Im Jahr 2018 erfolgte die Realisierung der ersten Etappe. Seit 2019 bis anfangs 2023 erfolgt nun die Realisation der zweiten Etappe. Die Gossweiler Ingenieure AG hat am Gewässerkonzept massgeblich mitgewirkt und war vom Vorprojekt bis zur Ausführung und Realisation der beiden Etappen betraut.

Fiona Hofer und Armand Rochat, von der Abteilung Wasser, bei der Besichtigung der Baustelle Hörnligraben.